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Konversionstherapien stellen Menschrechtsverletzung dar (Entschließung des Nationalrats)

Donnerstag, 07.11.2019

BMASGK Gesundheit IX/A/3 (Rechtsangelegenheiten ÄrztInnen, Psychologie, Psychotherapie und Musiktherapie)
Mag. Benjamin Bachl
Sachbearbeiter
benjamin.bachl@sozialministerium.at
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Geschäftszahl: BMASGK 92100/0108 IX/A/3/2019

Entschließung des Nationalrats vom 02.07.2019, 82/E XXVI. GP, betreffend Konversionstherapie stoppen; Information an Behörden, Kammern und Berufsverbände

Sehr geehrte Damen und Herren!

1. Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz erlaubt sich unter Einbindung des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, darauf hinzuweisen, dass der Nationalrat am 02.07.2019 die nachstehende Entschließung betreffend Konversionstherapie stoppen (82/E XXVI. GP) einstimmig angenommen hat:
Die Bundesregierung, insbesondere die zuständige Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, unter Einbindung der wissenschaftlichen Fachvereinigungen unverzüglich eine Regierungsvorlage auszuarbeiten und dem Nationalrat zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der die Ausübung von Konversions und vergleichbaren „reparativen Therapieformen“ an Minderjährigen verboten wird.

2. In diesem Zusammenhang darf weiters festgehalten werden, dass unter der Ausübung von Konversions und vergleichbaren „reparativen Therapieformen“ an Minderjährigen Verfahren zu verstehen sind, die das Ziel haben, die sexuelle Orientierung von Personen zu verändern. Diese Verfahren sind aus fachlicher Sicht als unethisch abzulehnen, da z.B. Homosexualität keine (psychische) Erkrankung darstellt.

3. Aus diesem Anlass ist der beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz angesiedelte Beirat für psychische Gesundheit, in dem alle einschlägigen wissenschaftlichen Fachvereinigungen –– insbesondere aus den Bereichen Psychiatrie, Kinder-- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Klinische Psychologie –– vertreten sind, mit der oben erwähnten Entschließung befasst worden.

In seiner 39. Sitzung am 10.09.2019 hat der Beirat für psychische Gesundheit einstimmig folgende Stellungnahme beschlossen:

a) Sexuelle Orientierungen und Genderidentität sind keine Erkrankungen, daher ist auch keine Legitimation einer therapeutischen Intervention bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gegeben (vgl. ICD--10 bzw. ICD--11, DSM--5).

b) Konversionsverfahren bzw. sog. „Konversionstherapien“ werden von allen im Beirat vertretenen Fachexpertinnen und Fachexperten und Betroffenenvertretern als unethisch und nach vorliegender Evidenz als schädlich eingestuft.

c) Die Anwendung von sog. „Konversionstherapien“ stellt eine Menschenrechtsverletzung und Diskriminierung gegen LGBTI ––Personen (Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual/Transgender and Intersexual) dar.

4. Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz geht –– gestützt auf die geltende Rechtslage und die Stellungnahme des Beirats für psychische Gesundheit –– davon aus, dass es sich bei der Ausübung von Konversions-- und vergleichbaren „reparativen Therapieformen“ an Minderjährigen um einen Verstoß gegen Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat-- und Familienlebens) handelt.

5. Darüber hinaus ist im jeweiligen Anlassfall zu prüfen, ob nicht eine entsprechende Berufspflichtverletzung mit den entsprechenden Konsequenzen (vgl. etwa Verlust der Vertrauenswürdigkeit, Streichung aus der Berufsliste, disziplinarrechtliche Konsequenzen bei ärztlicher Berufsausübung etc.) gegeben ist. Insbesondere geht es um die Missachtung der Bestimmungen eines „Arbeitens nach bestem Wissen und Gewissen“, die sich in § 49 Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, § 14 Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr. 361/1990, § 27 Musiktherapiegesetz, BGBl. I Nr. 93/2008, sowie § 32 Psychologengesetz 2013, BGBl. I Nr. 182/2013, finden.

Nicht zu Letzt sind in diesem Kontext die Körperverletzungsdelikte des Strafgesetzbuches (vgl. § 83 ff) zu erwähnen. Diese umfassen neben einer Verletzung am Körper auch eine Schädigung an der Gesundheit. Erreicht ein geistig--seelisches Leiden durch eine Konversionstherapie die Qualität einer Störung mit Krankheitswert, wäre aufgrund der Erfüllung der objektiven Tatseite eine Ermittlung aufgrund der einschlägigen Strafbestimmungen möglich bzw. sogar geboten.

6. Das bedeutet, dass die Ausübung von Konversions-- und vergleichbaren „reparativen Therapieformen“ an Minderjährigen bereits nach aktueller Rechtslage als unzulässig anzusehen ist und entsprechende berufsrechtliche und/oder strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen würde.

7. Abschließend sei noch erwähnt, dass neben den angesprochenen Sanktionen im Falle eines Schadens auch eine zivilrechtliche Schadenersatzforderung in Erwägung zu ziehen ist, die bei den ordentlichen Gerichten durchzusetzen wäre (vgl. z.B. Rückforderung der Therapiekosten etc.).

Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz ersucht daher um Kenntnisnahme und –– soweit im Rahmen des jeweiligen Wirkungsbereiches in Frage kommend –– um entsprechende weitere Information von Angehörigen der betroffenen Berufsgruppen und Kammermitglieder.

Vielen Dank für Ihre Bemühungen im Voraus!

Wien, 29. Oktober 2019

Mit freundlichen Grüßen
Für die Bundesministerin:
DDr. Meinhild Hausreither

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